Eine 200 Jahre alte Technologie ist unsere Rettung – schon wieder
Für die Lösung der Klimakrise gilt es sowieso als eine der Kerntechnologien – jetzt beweist das Fahrrad auch in der Virus-Krise seinen Wert. In New York ist der Anteil der Radler*innen nach Beginn der Social-Distancing-Maßnahmen um 52% gestiegen. In Chicago nutzen doppelt so viele Menschen Fahrrad-Sharing-Systeme wie noch Anfang März. In München ist die Nutzung des ÖPNVs um 70-80% zurückgegangen. Viele Städte reagieren und fördern das Radfahren mit spontanen Maßnahmen: In Berlin sind städtische Leihräder aktuell mehrfach am Tag 30 Minuten gratis nutzbar und die Stadt widmet ganze Fahrspuren zu temporären Radwegen um.
„Ist doch alles nur vorübergehend“, könnte man einwenden. Das ist möglich, aber unwahrscheinlich. Denn die Krise bricht mit Gewohnheiten, und das schafft Raum für Neues. Wir wissen schon lange, dass es eigentlich gesünder und umweltfreundlicher wäre, mit dem Fahrrad zu fahren, zum Beispiel zur Arbeit; viele machen es trotzdem nicht. Die eigenen Routinen zu ändern, so scheint es manchmal, ist die zweitschwerste Aufgabe der Menschheit – gleich nach Weltfrieden stiften. Das Fahrrad müsste erst mal repariert werden, oder man hat gar keins; in der Morgenroutine ist sowieso keine Zeit, um über Gewohnheiten nachzudenken – geschweige denn Lust. Doch das alles zählt jetzt nicht mehr. Der erste Schritt ist bekanntlich der schwierigste, und weil gerade alles anders ist, gehen ihn viele jetzt: Sie steigen aufs Fahrrad um. Das gleiche gilt für den ÖPNV, nur andersherum: Die kleinen Viren und Bakterien, die seit Covid-19 in vollen Bussen und U-Bahnen vor dem geistigen Auge durch die Luft wabern, werden sich nicht so schnell aus unserem kollektiven Gedächtnis verdrängen lassen. ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork geht davon aus, dass bis zu einem Drittel derjenigen, die während der Corona-Krise notgedrungen umsteigen, auch danach dem Fahrrad treu bleiben.
Das passt zu den Entwicklungen bei Company Bike Solutions: Der Firmenfahrrad-Dienstleister hat in Februar und März ein Plus an Bestellungen verzeichnet. Auch bei CBS zahlt sich aus, dass ihr Geschäftsmodell digital funktioniert – Fahrrad bestellen, die Formalitäten mit dem Arbeitgeber, Lieferung – alles aus der Ferne machbar. Für die Zukunft wird erwartet, dass Bund und Länder als Reaktion auf die Krise noch mehr in die Fahrradinfrastruktur investieren. Corona geht vorbei, zumindest in der extremen Form. Das Fahrrad rollt unaufhaltsam weiter.